Eine Zeitreise in unser geothermisches Reservoir
Auf leisen Pfoten schleichen die Säbelzahntiger durch die weite Steppe. Die Raubkatzen jagen in Rudeln, um große grasende Pflanzenfresser zu erbeuten. Warmer Wind streicht über die Graslandschaft Norddeutschlands, das Klima ist warm und fast tropisch – der Planet befindet sich in einem natürlichen Klimawandel.
Rund 45 Millionen Jahre später, 1847, wird ein Homo sapiens, der englische Geologe Charles Lydell, diese erdgeschichtliche Epoche nach der griechischen Göttin der Morgenröte Eos (griech. ἔος bzw. ἠώς und griech. καινός = „neu, ungewöhnlich“) nennen: Eozän.
Nur dem Namen nach ein Tiger: Rekonstruktion eines Smilodons © Von Sergiodlarosa, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6835781
Noch zu Beginn des Eozäns, vor etwa 56 Millionen Jahren, waren große Teile von Mitteleuropa Festland. Bis nach Skandinavien herrschte eine üppige Vegetation mit tropischen Bernsteinwäldern. Aus diesen Wäldern stammt übrigens der Bernstein, den wir heute an der Küste der Ostsee finden – diese jedoch entstand erst viel später, nach der nächsten Eiszeit.
Im Eozän dagegen bildete sich zunächst das Nordseebecken heraus, und weite Teile des heutigen mitteleuropäischen Tieflandes waren von der jungen Nordsee bedeckt. Dänemark existierte noch nicht als Landmasse und der Nordseestrand reichte von Belgien über die Niederlande, das nördliche Niedersachsen bis nach Polen, dort, wo heute Gdansk liegt.
An diesem Sandstrand der jungen Nordsee befindet sich auch das heutige Hamburg. Woher aber wissen die Forschenden nach Millionen von Jahren so genau, dass hier ein Sandstrand war? Sand ist ein typisches Ablagungsmaterial, das entsteht, wenn Berge und Gestein abgetragen werden: Überall dort, wo Flüsse ins Meer münden, wird auch Sand abgelagert. In der Sandsteinschicht, die wir geothermisch nutzen wollen, gibt es noch einen weiteren Hinweis auf die frühere Nordseeküste an diesem Ort: Das Wasser, das bei unseren ersten Fördertests zutage kam, war grünlich. Die Färbung entsteht durch das Tonmineral Glaukonit, ein Tonmineral, das nur in Küstenbereichen vorkommt und damit ein klarer wissenschaftlicher Beweis für den Übergang von der Landmasse zum Meer ist.
Was vor Jahrmillionen entstand, lässt sich heute hoffentlich für unsere zukünftige Energieversorgung nutzen – ein Gruß aus einem fernen, längst vergangenen Erdzeitalter.